Bereits im 14. und 15. Jahrhundert gab es Bruderschaften
unter den Hutmachern. Diese Zusammenschlüsse beruhten auf wohltätigen, frommen
und brüderlichen Aktivitäten. Im Mittelalter gab es noch keine staatlich
gesicherten Hilfeleistungen bei Erwerbslosigkeit oder Krankheit, weshalb diese
Bruderschaften eine große Hilfe für in Not geratene waren. Nach der Gründung
des Deutschen Reiches 1871 und dem damit einhergehenden Ende der Kleinstaaterei
entwickelte sich aus den Bruderschaften der „Zentralverein der Deutschen
Hutmacher“.
Die Hutmacher gehörten im 19. Jahrhundert mit zu den
bestorganisiertesten Verbänden. Viele waren damals in sozialdemokratisch
orientierten Gewerkschaftsgruppen engagiert, welche zahlreiche Streiks, die
meist eine Steigerung des Lohnes zum Ziel hatten, organisierten. Die Verbindung
zwischen den Gewerkschaften und Unternehmern wurde von den in den Betrieben
tätigen Werkführern und Meistern abgesichert.
Die von Bismarck im Jahre 1879 eingeführten Sozialistengesetze
sahen ein Verbot aller sozialdemokratischen Parteiorganisationen sowie ihrer
Vereine und Schriften vor. In Folge dessen gründeten sich in den nächsten
Jahren viele scheinbar unpolitische Vereine und Verbände.
Gesangsverein
Viele der Gesellen und Lehrlinge organisierten sich nach der
Arbeit im 1875 gegründeten Hutmacher Gesangsverein, der über 260 Mitglieder
zählte. Um Mitglied dieses Vereins zu werden, musste man mindestens 18 Jahre
alt sein und einen „unbescholtenen Ruf im bürgerlichen Leben haben“. Die
Anmeldung erfolgte schriftlich oder mündlich beim Vorstand, welcher dann
innerhalb von acht Tagen eine Ballotage, also eine geheime Abstimmung mit
weißen oder schwarzen Kugeln, abhielt.
War die Aufnahme genehmigt, waren die
Mitglieder verpflichtet, einen einmaligen Betrag von 50 Pfennig und eine
regelmäßige Gebühr von 10 Pfennig zu leisten. Die Pflichten der Mitglieder
bestanden darin, den Beitrag pünktlich zu zahlen sowie an den Proben teilzunehmen.
Diese fanden mittwochs im Gasthof „Goldener Hirsch“, der sich in der
Teichstraße 9 befand, um 8:30 Uhr abends unter dem Dirigenten Gustav Haack
statt.
Im Gesangsverein verliehen die Hutmacher ihrem Stolz auf ihr Handwerk
und ihrem starken Gemeinschaftsgefühl Ausdruck. Es ist denkbar, dass in der
Zeit der Sozialistengesetze während der Mitgliederversammlungen auch gemeinsame
Aktivitäten besprochen wurden. Da Gesangsvereine leichter vor den Kontrollen
der Polizei zu verbergen waren, dienten sie damals sehr häufig als Deckmantel
für politische Organisationen.
Unterstützungsverein
Nach der Verkündung der Sozialistengesetze 1879 wurde der
„Zentralverein der Deutschen Hutmacher“ verboten, sodass im Mai 1880 die
„Kranken- und Sterbekasse der Hutmacher“ in Altenburg gegründet wurde. Im Jahre
1898 erweiterte sich der Mitgliederkreis im „Unterstützungsverein für alle in
der Hut- und Filzwarenbranche beschäftigten Arbeiter und Arbeiterinnen“ mit
Vereinssitz in Altenburg (Wallstraße 9).
Zweck des Unterstützungsvereins war es,
die privaten und gewerblichen Interessen seiner Mitglieder zu vertreten. So
unterstützte er die Gesellen beispielsweise bei Erwerbslosigkeit am Ort und auf
der Wanderschaft oder Invalidität.
Der Schwerpunkt lag auf der Zusicherung eines
unentgeltlichen Rechtsschutzes bei gewerblichen Streitigkeiten. Zudem wurden regelmäßige
Mitgliederversammlungen und zeitgemäße Vorträge über die Entwicklung des
Handwerkes organisiert und Bibliotheken eingerichtet. Sprachrohr des Vereins
war die Hutmacherzeitschrift „Korrespondent für Arbeiter und Arbeiterinnen der
Hut- und Filzwarenindustrie“, die jedes Mitglied unentgeltlich erhielt. Die
erforderliche Anmeldung konnte beim Vereinsvorstand von allen beantragt werden,
die in der Hut- und Filzwarenindustrie tätig waren. Bei Annahme wurde der Name
des neuen Mitglieds in dieser Zeitschrift veröffentlicht, was für Transparenz
sorgte.
Zu den Aufgaben der Mitglieder gehörte es, ihre Beiträge
(zwischen 30 bis 150 Pfennig) zu zahlen, die Statuten einzuhalten und über das
aktive und passive Wahlrecht bei den Vorstandswahlen mitzuwirken. Bemerkenswert
war, dass alle Vorstandsmitglieder ihren Wohnsitz in der unmittelbaren Umgebung
des Vereinssitzes haben mussten. Das war nötig, um schnell auf Probleme
reagieren zu können, da damals ein zeitaufwendiger Briefwechsel die einzige
Alternative war, miteinander in Kontakt zu treten. Zu den wichtigsten Pflichten
des Vorstandes gehörte die Vertretung der Interessen des Vereins gegenüber dem
Staat, den Behörden und Dritten. Außerdem wurden die Statuten aufrechterhalten
und ergänzt. In dringenden Fällen war es dem Verein überdies möglich,
Nichtmitgliedern Unterstützung zu gewähren. An dieser Stelle zeigt sich die
große Solidarität unter den Hutmachern.
Insgesamt unterscheidet sich der Unterstützungsverein
nicht stark von den Unterstützungsmaßnahmen heutiger Gewerkschaften, da versucht
wurde, für die in Not geratenen Mitglieder durch vielfältige Maßnahmen Hilfe zu
leisten.
Vereinigung der Hutmacher |
MLS
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